Robert Parker und „End Of The Night“: Aus Neu mach Alt
06.05.2018 | Johannes Kley
Synthwave ist gerade modern. Schon der Film „Drive“ und das Videospiel „GTA Vice City“ hatten gezeigt, wie man die besten Sachen aus den 1980ern herauspickt und etwas Wundervolles erschafft. Filmische Umsetzungen wie „Stranger Things“ und „Ready Player One“ profitieren stark von der Nostalgie und selbst „Black Mirror“, eine Serie, die ja eher in einer dystopischen Zukunft spielt, hatte eine 80er-Episode. Natürlich gibt es auch eine große Szene von Musikern, die Synthie-Songs produziert und eines der großartigsten Jahrzehnte zelebriert.
Seit vielen Jahren aktiv, hat Parker seinen Durchbruch mit „Crystal City“ im Jahre 2016 geschafft. Seitdem ist er aus der Szene nicht mehr wegzudenken und liefert auf „End Of The Night“ nun zehn neue Songs für die heimischen Kassettenspieler und Tanzflächen. Schon der Opener und Titelsong „End Of The Night“ drückt das Gaspedal des musikalischen DeLorean voll durch. Die Synthie-Spuren sind glasklar, raumfüllend und lassen den Lyrics von Doubleboy dennoch genug Platz, um effektvoll eine Zeitreise zu starten. Der pumpende Bass und die synthetischen Drums erzeugen mit Effekten wie Reverb oder Delay diesen typischen 80s-Sound. Der Song könnte, wie auch die restlichen Lieder des Albums, genauso in einem Actionfilm aus den 80er laufen und man würde es kaum merken. Für die ruhigeren und romantischen Momente gibt es dann „I Recall (Feat. Preston Knight)“ und auch eher düstere Stücke wie „Rock N Roll“ oder „ Lost Your Mind (Feat. Calderon)“ fangen die Nostalgie perfekt ein.
Synthwave lebt von ebenjener Nostalgie. Selbst Personen, die in den 80ern noch zu jung oder nicht geboren waren, bekommen, wenn die Musik gut gemacht wurde, Sehnsucht nach dieser Zeit. Robert Parker schafft genau dies und lässt den Wunsch aufkeimen, einen echten DeLorean inklusive Fluxkompensator zu haben. Und auch wenn die Musik sich sehr stark an der Vergangenheit orientiert, klingt sie nicht altbacken, sondern aktuell und könnte auch problemlos im Club laufen. Parker kombiniert nostalgische Synthiesounds mit Elementen der französischen Elektroszene, ohne jedoch in den Ibizia-Sound eines David Guetta abzurutschen. Abgerundet wird das Ganze dann noch mit einigen Gesangseinlagen von Gastsängern, welche gute Arbeit leisten, auch wenn die Texte inhaltlich eher zweckmäßig sind. Synthwave ist eben Tanzmusik und da sind die Texte eher nettes Beiwerk. Das wirkliche Gefühl der Musik resultiert aus dem Klang der Synthies und das ist intensiv gelungen.
„End Of The Night“ ist tanzbar und schafft den Spagat zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Die Nostalgie und das vermittelte Gefühl machen auch den Reiz der Musik aus. Wer also „Drive“ schon für dieses Feeling geliebt hat und „GTA Vice City“ für den besten Teil seiner Serie hält, bekommt hier den Soundtrack des Sommers geliefert. Aber auch sonst ist Robert Parker hier ein sehr gutes Synthie-Album gelungen, welches die nächtliche Autofahrt, vorbei an leuchtenden Städten, zum Erlebnis macht.
Wertung
Als großer Fan der Musik und Popkultur der 80er habe ich dieses Album in mich aufgesogen und genossen. Ich habe es mir sogar auf Kassette gekauft und muss nun auch noch einen Kassettenspieler kaufen. Aber das ist es wert!
Johannes Kley
Kolumnist und Konzertmuffel Joe ist Gesundheits- und Krankenpfleger in Bochum, liebt seinen Hund, liest leidenschaftlich gern, gibt ungern Bewertungen für Alben ab, ist Musikliebhaber, irgendwo zwischen (emotional) Hardcore, Vaporwave, Goth-Pop und Nine Inch Nails und versorgt euch unregelmäßig mit geistigen Ergüssen aus seiner Gedanken- und Gefühlswelt.