Die Arbeit und „Material“: In kapitalistischer Monotonie
24.02.2020 | Paula Thode
Der Bandname allein ist schon recht ironisch, wenn man bedenkt, dass sich die Band mit dem alltäglichen Grauen auseinandersetzt und beleuchtet, wie schnell man sich doch in einer Realität wiederfinden kann, die sich durchgehend mit der Arbeit beschäftigt. Die Band legt den Fokus aber trotzdem auf die Zerstörung dieser „work sleep repeat“-Philosophie. Es gibt sozusagen imaginäre Schläge für die manipulierte Masse. „Material“ dient also auch zum Wachrütteln der Gesellschaft, die beim Gedanken an nicht fertige Berichte oder Fehltage schon beinahe einen Herzinfarkt bekommt. Das Album hat eine gezielte Art von Monotonie. Ein simpler Schlagzeugbeat erzeugt eine Stimmung, die an die monotone Arbeitsweise eines 9-to-5-Business-Menschen erinnert. Der Ausbruch erfolgt dann durch Rock-Elemente.
Wenn Melancholie und Monotonie in Musik aufgearbeitet werden, denkt man meist eher an traurige Trennungssongs als an eine rebellische Ansage gegen die Arbeitergesellschaft. Trotzdem passt diese melancholische Grundstimmung zum Album. Im Song „Leichen“ benutzt die Band den Tod als metaphorisches Äquivalent zum Leben in der Arbeitswelt.
„Neue Arbeit für die Arbeit“, denn je mehr Menschen in dieses System geraten, desto mehr muss Die Arbeit gegen die leicht zu manipulierende Gesellschaft und ihre 9-to-5-Jobs rebellieren. Das Album dreht sich nur um das Thema Arbeit und so musste die Band den Song mit einem zu erwartenden Titel „Im Büro“ zu liefern. Denn die Systemfügung durch die Büroarbeit, wie sie die Band beschreibt, wird zum Alltag. Die Arbeit will aber den Ausbruch aus dem jetzigen Leben. Nach sich selbst und seinen eigenen Prinzipien zu leben muss zum Standard werden.
Dass das Album dann noch „Material“ heißt, es aber im Gegenteil um den Weg aus der materialistischen Welt geht, macht Die Arbeit zu einer außergewöhnlichen Post-Punk-Band. Beim Hören des Albums kann man schnell vergessen, dass es wirklich das Debütalbum der Band ist. Die minimalistische Songstruktur lässt sich sehr gut mit den Punkeinflüssen binden und so entsteht ein Werk, das seiner Zeit vorausschauend ist. Gleichzeitig dazu liefert es auch noch eine Kampfansage an das kapitalistische Arbeitssystem.
Wertung
Mich hat die Monotonie beim ersten Hören nicht zum Nachdenken angeregt, sondern mich im Gegenteil in meinen eigenen inneren Gregor Samsa entführt. Man muss erst spüren, wie es sich anfühlt, um sich dann im Nachhinein damit auseinanderzusetzen. Die Platte hat eine für mich unerwartete Mischung der Elemente zusammengeworfen. Ein Album, das man nicht so schnell vergessen kann.
Paula Thode
Paula kommt eigentlich aus Cuxhaven, ist dann aber für ihr FSJ nach Hamburg gezogen. Dort hält sie es durch die Liebe zum Underground Hip Hop und aus Faszination zum autonomen Zentrum in der Schanze ganz gut aus. Ihre Liebe zur Musik hat sie durch die Antilopen Gang entdeckt und seitdem interessiert sie sich für alles, was nicht Mainstream-Deutschrap ist.
Kommentare
- Die Arbeit liefert mit Material ein sehr gutes Post-Punk-Album ab, dass sich hinter den Alben von bspw. Messer und die Nerven nicht verstecken braucht. Zur insgesamt guten Rezension möchte ich noch ein paar Anmerkungen loswerden: Die Arbeit kommen nicht aus Düsseldorf, sondern aus Dresden. Und es ist zwar das Debüt von Die Arbeit, allerdings hat die Band in identischen Line-up unter dem ehemaligen Namen "Leo hört Rauschen" ein Album mit dem Namen "Modern, Modern" veröffentlicht. So gesehen, ist es eigentlich schon das 2. Album dieser Band.
- Anmelden oder Registrieren, um Kommentare verfassen zu können