Grizzly und „Polaroids“: Heavy Pop-Punk aus den 2000ern
13.01.2018 | Sarah Ebert
Anstatt sich einem Genre unterzuordnen, haben Grizzly kurzerhand ihr eigenes begründet und sprechen von ihrer Musik als Heavy Pop-Punk. Dass die sechs Bandmitglieder allesamt schon vorher in der Musikszene aktiv waren, merkt man der Musik deutlich an; jeder von ihnen bringt neben seinen Erfahrungen auch einen ganz eigenen Sound mit in die Band. Bereits auf ihrem Debütalbum „Kidlife Crisis“ hat das wunderbar funktioniert. Nun wollen die Karlsruher ihre ersten Erfolge noch toppen und stehen mit ihrem zweiten Album „Polaroids“ und einer eigenen Headliner-Tour zu Jahresbeginn in den Startlöchern.
Der Sound der Platte ist durchweg mitreißend und optimistisch, ich fühle mich unwillkürlich an meine Jugendzeit erinnert, an erste Partys, Herzschmerz und das Erwachsenwerden. Grizzly vertonen genau dieses Gefühl und erzählen mit einer beneidenswerten Leichtigkeit von den Höhen und Tiefen des Lebens. Die Mischung aus Pop- und Punkrock-Einflüssen, Härte und Emotionalität, cleanem und gutturalen Gesang und eingesprochenen Parts macht den selbsterdachten Begriff Heavy Pop-Punk tatsächlich greifbar. Gewaltiges Shouten, anspruchsvolle Gitarrenriffs und gut platzierte Hardcore-Elemente werden in die melodischen Songs eingebettet und ergeben eine treibende und energiegeladene Mischung. Die erste Single-Auskopplung „Till Sunrise“ ist definitiv ein Anspieltipp, der die Dynamik und Bandbreite des beschriebenen Sounds transportieren kann. Bei „We Stop At Nothing“, einem der stärksten Titel auf Polaroids, handelt es sich um ein äußerst gelungenes Cover der 5Bugs, deren Gitarrist übrigens auch das Album der Grizzlys produzierte.
Insgesamt sind es vor allem die härteren und druckvollen Songs, die einen bleibenden Eindruck hinterlassen und das Stillsitzen erheblich erschweren. Grizzly sind hier einfach in ihrem Element und klingen selbst auf Platte so leidenschaftlich, wie andere nur in ihren besten Live-Momenten. Bleibt zu hoffen, dass die rasante Entwicklung der Band weiterhin die richtige Richtung nimmt und Grizzly es auf ihrem nächsten Album schaffen, noch erwachsener und etwas weniger nach Emocore aus den 2000ern zu klingen.
Wertung
Grizzly sind talentiert und energiegeladen. Ihr Sound lebt von einer großen Bandbreite an Einflüssen und klingt, trotz ernsterer Themen und der nötigen Portion Härte, niemals abgeschlagen, sondern strotzt geradezu vor Lebensfreude. Mein 15-jähriges Ich kreischt vor Begeisterung, während ich mich heute zumindest noch rhythmisch dazu bewegen kann.
Wertung
Grizzlys brachiale Core-Elemente verhindern, dass "Polaroids" in der Masse durchschnittlicher Pop-Punk-Erzeugnisse verschwindet. Abseits davon lässt die Band zwar kaum ein Genre-Klischee aus, kann sich aber dennoch als versierter Vertreter eines nahezu vollständig ausformulierten Stils behaupten.
Sarah Ebert
Sarah lebt in Frankfurt und hat ihr Studium der Germanistik, Philosophie und den Erziehungswissenschaften gewidmet. Sie brennt für gute Musik aller Art, lässt sich aber wohl am ehesten zwischen Punk, Rock & Indie verorten.