Buchrezension: "Der Tastenficker"
15.01.2022 | Johannes Kley
Im Buch "Warschauer Punk Pakt", welches ich vor kurzer Zeit gelesen habe (etwas zu wissenschaftlich und trocken geschrieben, aber wer sich Punk in der ehemaligen UDSSR interessiert, sollte es lesen), kam Flake zu Wort. Nach kurzem Überlegen wusste ich wieder, woher ich den Namen kannte und sah nun, dass er mal in einer Punkband war. Da wurde ich hellhörig und kaufte mir die Bandbiographie und sah, dass es ein Buch von ihm selbst gibt. Gekauft. Gelesen. Geliebt.
Flake, bürgerlich Christian Lorenz, wuchs in der DDR auf und spielte bei Feeling B und später bei Rammstein und dürfte den meisten Menschen bekannt sein, einfach weil alle Rammstein kennen. Die Band wird namentlich im Buch nur ein einziges Mal erwähnt, da es sich ansonsten nur um sein Privatleben dreht. So beschreibt er seine Schulzeit, mit Mobbing und all ihren Unsicherheiten, oder wie er auf die Straße kacken musste, weil er unsauberes Leitungswasser getrunken hat. Mal geht es um das Wandern, mal um die Liebe, übermäßigen Alkoholkonsum und dann wieder um Autos, jedes Mal mit viel Humor. Zwischendurch natürlich auch viel um Musik, einfach, weil diese sein Leben stark geprägt hat.
Das Angenehme an dem Buch ist, dass es keine Kapitel gibt, was auch nicht funktionieren würde, da Flake einfach niedergeschrieben hat, was ihm in den Sinn kam. So schweift er sehr oft ab und während es gerade noch um Oldtimer ging, beschreibt er in den nächsten Zeilen ein Ereignis aus dem Proberaum oder seine Hämorrhoiden oder wie er für den Bassisten von R.E.M. gehalten wurde. Es liest sich so, als würde Flake mit im Raum sitzen und einfach bei angenehmer Atmosphäre über sein Leben sprechen und dabei eben immer wieder abschweifen, weil ihm doch noch etwas einfällt. Und es wird nie langweilig.
Wer Rammstein nicht mag, wird dieses Buch dennoch lieben, eben weil die Band keine Rolle im Buch spielt. Ab und an wird mal eine Anekdote aus dem Tourleben erwähnt, aber nicht einmal die Namen der Bandmitglieder wurden aufgeschrieben. "Der Tastenficker - An was ich mich so erinnern kann" ist ein sympathisches Buch eines Mannes, der eine Menge erlebt hat, offen zu Fehlern steht und in ihnen noch Positives findet und offensichtlich nie seinen Humor verloren hat. Absolute Leseempfehlung.
Johannes Kley
Kolumnist und Konzertmuffel Joe ist Gesundheits- und Krankenpfleger in Bochum, liebt seinen Hund, liest leidenschaftlich gern, gibt ungern Bewertungen für Alben ab, ist Musikliebhaber, irgendwo zwischen (emotional) Hardcore, Vaporwave, Goth-Pop und Nine Inch Nails und versorgt euch unregelmäßig mit geistigen Ergüssen aus seiner Gedanken- und Gefühlswelt.