Der Andrang ist überschaubar. Pünktlich zum Einlass drängt sich noch niemand die enge Treppe nach unten in den kleinen Club. Günstiger Pfeffi und Mexikaner locken immer wieder auch Genre-Fremde auf Konzerte im Stereo, wenn es nicht gefällt ist das Schöntrinken der Musik nicht zu teuer. Aber es dauert trotzdem relativ lang, bis sich der Raum wenigstens teilweise füllt. Der Abend beginnt mit dem jungen Rapper Conny, der Teil der Düsseldorfer Rap-Formation „Der Plot“ ist. Gitarrist dieser Formation ist Elias, der für Conny an dem Abend den DJ übernimmt. Der Start ist ein wenig holprig, da Conny anfangs versucht, Tracks seiner Collabo-Produktion mit dem Rapper Pimf anzuteasern. Jedoch hat keiner der beiden auf „Stadtlandflucht“ einen Solo-Track, stattdessen haben sie alle Titel zusammen aufgenommen. Und so präsentiert Conny mehr oder weniger Clips von einer bis eineinhalb Minuten, eben seine Parts. Und auch wenn die Tiefgründigkeit der Texte schwer überrascht, so ist der Anfang doch recht befremdlich. Aber Conny bekommt die Kurve, zeigt sein raptechnisches Können und beweist sich mit intelligenten Texten. Dabei schafft er es noch zusätzlich sich interessant zu machen, indem er von sich selbst erzählt. Jedoch ist alles, was er erzählt, nicht mehr als ein Teaser. Sein Auftritt hat aber hellhörig gemacht, sodass es bei Album der Woche bald mehr über Conny zu lesen geben wird.
Nachdem Conny sein Set beendet hat, lässt der Hauptact nicht lange auf sich warten. Sorgenkind ist auch in der Punkszene nicht vollkommen unbekannt, mit seiner Band Quarterback 40 nahm er eine EP und ein Album auf. Hier kommt auch Elias wieder ins Spiel. Der spielt nämlich bei Quarterback 40 Gitarre. FunFact am Rande, Schlagzeuger bei Quarterback 40 ist Dominic „Dom“ Sbareca, seines Zeichens Schlagzeuger einer gewissen Kapelle namens Rogers. Der ist nicht dabei, aber trotzdem ist das Schlagzeug besetzt. Elias wechselt zwischen den Tracks zwischen Bass und Gitarre und man merkt ganz eindeutig, wie diese Besetzung auf der Bühne den Auftritt aufwertet.
Die letzten Jahre war es sehr ruhig um den ehemaligen Battlerapper geworden. Erst mit seiner Single „Um uns“ und dem Tour Announcement geriet er wieder etwas in den Fokus, jedoch weniger als erwartet. Es folgten weitere Singles und kurz vor Tour-Start wurde dann doch recht überraschend seine „Voll geil hier“-EP veröffentlicht. Dementsprechend textsicher war dann auch das Publikum. Bei vielen Tracks herrscht beinahe Stille unter den Anwesenden, die Sorgenkind auch ein wenig zu irritieren und zu verunsichern scheint. Diese Verunsicherung löst sich aber immer wieder auf, denn mit seinen bekannteren Tracks wie „Sorgenkind is back“, „A nach X“ oder „Sommerloch“ bringt er das Publikum wieder zum Ausrasten. Dennoch flacht die Stimmung zwischenzeitlich immer wieder ab. Ein Grund dafür ist, dass Sorgenkinds Setlist mit Deeper Tracks gespickt ist. Weshalb das so ist, lässt sich leicht ausmachen: Er hat einfach so viele Deeper Tracks gemacht. So sieht er sich an dem Abend immer wieder zu Aussagen à la: „Nürnberg wie geht’s euch?!“ gezwungen.
Aber seine Performance bleibt sonst schwer beeindruckend. Seine raue Singstimme weiß er voll einzusetzen. In besonders gefühlvollen Momenten hat man das Gefühl von ihr gestreichelt zu werden, während sie einen im nächsten Moment durch den Raum jagen lässt. Schon zu Battlerap-Zeiten war er für seine melodiösen Hooks bekannt, einfach weil er sie selbst singen konnte, so wurde sein Gesangstalent schon früher offenbart. Es überrascht somit nicht sehr, dass er live sogar noch ein wenig besser klingt, als auf Platte.
Am Ende des Abends sind alle geschafft. Die ersten Konzerte der Tour hat Sorgenkind schon gespielt, aber er ist sichtlich erschöpft, wirkt aber nicht unzufrieden. Es bleibt die Frage, ob er nicht ein Paar Änderungen vornehmen sollte, denn es scheint ein wenig so, als seien ihm die stillen Momente peinlich.