Ich bin ja ein Riesenfan von Konzerten in der Landeshauptstadt. Der Trip lässt sich als Dorfkind einfach super mit einem kurzen Besuch in Düsseldorf inklusive einer Stippvisite bei meinen liebsten Brauhäusern kombinieren. So besorge ich mir auch diesmal ein Hotelzimmer in der Gegend und wähle aufgrund der günstigen Lage des Capitol Theaters direkt am Hauptbahnhof die An- und Abreise per S-Bahn. Nach den angesprochenen kurzen Abstechern in diverse Bierpaläste und die Rockkneipe meines Vertrauens in der Altstadt erreiche ich das Capitol Theater um Punkt 19:00 Uhr, auf die Minute passend zum Einlass. Aufgrund der vorherrschenden Temperaturen ein Segen.
Schon der Eingangsbereich des Theaters ist für Konzertbesucher eine alles andere als gewohnte Atmosphäre. Alles blitzt, schwarze Wände und Decken, am Boden roter Teppich, und in dieser ungewohnten Umgebung tummeln sie sich: die Punkrockfans, die hier ein total absurdes Bild abgeben. Sofort werden die verschiedenen Theken gestürmt und belagert und zig Biere wandern über die Tresen. Das Bier ist mit 4€ auf 0,33 Liter recht teuer und muss vor dem Betreten des Saales aus der Flasche in Plastikbecher umgefüllt werden, super umständlich. Da irgendwann während der Show nur noch eine Theke geöffnet sein wird und Fassbier ausschenkt, beschleicht mich das Gefühl, dass die Sondaschule-Fans den Flaschenvorrat des Theaters trockengelegt haben. Aber genug des Bier-Exkurses, zurück zum Konzert!
Ich nehme meinen Platz im bestuhlten Theatersaal circa eine halbe Stunde vor angekündigtem Beginn der Show ein. Sondaschule halten sich an ihren Zeitplan und läuten im wahrsten Sinne des Wortes um Punkt 20:00 Uhr mit einem Gong, wie ihn ein jeder im Saal aus Schulzeiten kennt, das Spektakel ein. Posaunist Chris nimmt an einem Xylophon Platz und hat mit wenigen Schlägen und der berühmten Sondaschule-Melodie des gleichnamigen Titels binnen Sekunden den Saal am „Woooo-Wohohooooo“ singen. Anschließend betritt der Rest der Truppe die Bühne und der „Waffenschein bei Aldi“ versprüht bereits zu Beginn beste Stimmung.
Was mich heute erwartet, ist mir schnell bewusst. Die Setlist gleicht der der DVD-Beilage des Akustikalbums, auf welcher die Akustik-Show in Essen mit beeindruckenden Bildern festgehalten wurde. Aber selten passte eine Floskel wie „never change a winning team“ besser. Das Publikum hält es keine drei Songs auf seinen Plätzen und plötzlich ist es völlig egal, wer wo sitzt, saß oder zu sitzen hätte. Sondaschule schaffen das, woran ich vorher ganz ehrlich gezweifelt habe: einen bestuhlten Theatersaal zum Tanzen zu bringen! Zwischen den Reihen herrscht ein buntes Treiben, während die Band akustische Versionen einiger Songs ihrer neusten Alben „Schön kaputt“ und „Schere, Stein, Papier“, aber zum Glück auch einige alte Hymnen wie „Dumm, aber glücklich“, „Hängematte“ oder ein Medley aus einigen älteren Stücken präsentiert. Die Jungs haben sichtlich Spaß daran, auch mal ohne die verzerrten Klänge auf der Bühne und vor allem mit dem Publikum zu feiern.
Das 25 Titel umfassende Set wird durch eine in meinen Augen zu lange, 30 Minuten andauernde Pause unterbrochen, in der jeder die Zeit hat, sich in Ruhe mit neuen Getränken einzudecken oder sonstige Bedürfnisse zu erledigen. Aber man hat eben leider auch die Zeit, komplett herunterzukühlen und den Körper das Adrenalin erstmal abbauen zu lassen. Die Show nimmt aber zum Glück nach dieser Pause genauso schnell wieder Fahrt auf wie zu Beginn. Besondere Highlights der zweiten Halbzeit sind für mich „Ostberlin“. „Für immer nie nüchtern“, „Mein Herz“ oder „Bist du glücklich?“. Es sind die emotionalen Songs, die Sondaschule durch ihre Akustikversionen und die Atmosphäre in einem Theatersaal voller tanzender Punkrockfans zu einem Erlebnis machen.
Nachdem „Bist du glücklich?“ als zweite Zugabe den endgültigen Schlusspunkt setzt, verlassen die Menschen das Theater in einer Art Freudentaumel und strömen in die kalte Nacht hinaus. Ich erwische mich selbst dabei, wie ich auf dem Weg zur S-Bahn noch vor mich hin singe, wie ich mein Dixie-Klo gegen einen Bungalow tauschen möchte und muss nur wenige Minuten später breit grinsen, als Minuten später irgendjemand am Düsseldorfer ZOB genauso glücklich wie ich es bin die Sondaschule-Melodie vor sich hin pfeift.