Der zum Glück nicht mehr ganz so unerträglich heiße Augusttag neigt sich in Richtung Sonnenuntergang, als ich mit dem Zug die halbstündige Fahrt aus meiner Wahlheimat Osnabrück in Richtung Münster antrete. Es ist der letzte Tag des 9-Euro-Tickets (RIP), und dementsprechend voll ist auch der Regionalexpress, in den ich mich nur dank kooperativer Fahrgäste samt Fahrrad noch gerade so reinquetsche. Auf der Fahrt überlege ich, wann ich das letzte Mal für ein Konzert nach Münster gefahren bin und komme zu dem Schluss, dass sich dieser Termin noch in der prä-pandemischen Zeit befinden muss. Das Wiedersehen ist also längst überfällig!
Am Zielort angekommen geht es für mich direkt in Richtung Hawerkamp, einem alten Industriegelände, auf dem sich heute fast ausschließlich Clubs und Konzertvenues befinden, unter denen auch die Sputnikhalle samt angeschlossenem Café, in dem Pabst heute Abend die Bühne erklimmen werden. Dort angekommen lasse nicht nur ich mich auf einer der Bänke im gemütlich und liebevoll gestalteten Vorplatz der Location für ein erstes Getränk nieder. Fast das gesamte Publikum bewegt sich hier, kaum jemand ist tatsächlich schon im Café. Auch Pabst selbst haben ihren Tourbulli – charmanterweise von einer Firma namens “Prom-Rides” angemietet und stilecht mit kleinen Krönchen versehen – mitten auf dem Innenhof geparkt und vertreiben sich die Zeit bis zum Konzertbeginn an der frischen Vorabendluft.
Ungefähr 15 Minuten nach angekündigtem Beginn betritt die Vorband die Bühne. Der Support kommt von der Indie-Garage-Kombo Lobster Bomb. Deren Musik passt stilistisch sehr gut zu der von Pabst und stimmt das bereits jetzt sehr gut gefüllte Café Sputnik angemessen auf den Main Act des Abends ein. Highlight sind neben der bissigen Performance und Energie der Band die Zwischenansagen des Gitarristen Crayon Jones. Gekleidet in einen fabulös glitzernden Overall mit passenden Cowboystiefeln und dem wohl schönsten FoKuHiLa seit Modern Talking versprüht er mit britischem Schneid in der Stimme, nicht zuletzt auch wegen des großen Blitz auf seinem Gitarrengurt, ein klein wenig Ziggy-Stardust-Esprit.
Nach einer knapp 20-minütigen Frischluftpause machen sich dann auch Pabst bereit und das Café füllt sich noch weiter. Die akustische Begrüßung kommt in Form des frisch gebackenen Album-Openers “Dead Ahead” und auch obwohl das Album eigentlich zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht erschienen ist, springt die Energie des Songs sofort auf das Publikum über. Von Sekunde eins wird sich bewegt, getanzt, gehüpft und mitgegrölt. Spätestens beim dritten Song “Mercy Stroke” beglückwünsche ich mich zu der Entscheidung, vor einiger Zeit mal 12 Euro in halbwegs vernünftigen Gehörschutz investiert zu haben, denn wie bei Pabst üblich bekommt man schnell das Gefühl, dass die Gain-Regler von Gitarrist Erik und Bassist Tore nicht bei zehn aufhören, sondern sich einfach endlos weiter aufdrehen lassen.
Ob die blutende Nase des Typen, der knapp nach der Hälfte der Show aus Richtung Mosh-Pit an mir vorbeihastet, den grandios übertriebenen Fuzzspitzen von Pabsts Gitarrenriffs zu verdanken ist, oder doch der sehr ausgelassenen Stimmung vor der Bühne, werde ich wohl nie erfahren. Kurze Zeit später ist er auf jeden Fall wieder am Start und die Blessur scheint vergessen. Pabst spielen an diesem Abend eine ausgewogene Mischung aus bekannten Hits, vom brachialen “Skinwalker” über das energetische “Ibuprofen” bis “Shake The Disease”, und Auszügen aus ihrem dritten Album. Vor allem die schon länger bekannten Singles wie “No Future, No Thanks” oder die famose Underdog-Hymne “Locker Room” funktionieren hervorragend und fügen sich nahtlos in die Setlist. Nach gut anderthalb Stunden setzt das Trio zum letzten Song an und entlässt mit “Daddy’s Boy” das Publikum in die Münsteraner Mittwochnacht. Pabst enttäuschten wie erwartet nicht und bescherten mir eine denkbar schöne Konzertrückkehr nach Münster.