Eine traumhaftere Location als die Hamburger Laieszhalle ist für Konzerte, die nicht zwangläufig von der direkten Konfrontation rauer Hardcore-Schuppen leben, eigentlich kaum vorstellbar. Das über hundert Jahre alte Gebäude versprüht mit seinem schnörkeligen Baustil ein großes Maß an Klasse – und ist komplett bestuhlt. Das sorgt am heutigen Abend zeitweilig für Verwirrung: Ist es angebracht, zu sitzen und zu genießen? Oder lieber aufstehen und mittanzen? Das Publikum scheint sich nicht so ganz sicher zu sein und wechselt über den Abend hinweg mehrfach die Position. Durchaus ein amüsantes Schauspiel.
Das Konglomerat aus Klasse und Tanzbarkeit ist anderseits aber eben genau das Ding von einem Typen wie Max Herre. Ganz ohne Support-Act beginnt der Künstler gleich mit „Athen“, dem ikonischen Titeltrack seines aktuellen Albums. Die großzügig besetzte Band auf der Bühne wirkt mächtig, das per Beamer auf die Rückwand der Bühne projizierte Musikvideo des Tracks ebenso. Etwas irritierend ist es hingegen, Herre die Hook gänzlich ohne stimmverzerrende Effekte singen zu hören – spätestens mit dem Einsetzen des als Pink-Floyd-Hommage fungierenden Solos brechen aber alle Dämme. Es ist der Auftakt eines grandiosen Abends, der sich in der ersten Stunde beinahe ausschließlich den Songs des aktuellen Albums widmet. Die vielen introvertierteren Nummern der Platte entfalten mit Live-Band im Rücken eine ganz andere Detailfülle und klingen bisweilen deutlich kraftvoller. Das finstere „Dunkles Kapitel“ bricht mit der Stimmung etwas, wird aber zurecht mit großem Applaus konnotiert.
Überwältigend wird die Stimmung aber erst, als Herre sich schließlich vermehrt altbekannten Titeln widmet. So sitzt am Ende in der Laieszhalle dann doch niemand mehr. Was hier passiert ist geradezu ekstatisch und es wird deutlich, wie viel Verehrung Herre bei vielen seiner Fans seit Jahren angesammelt hat. Fast zweieinhalb Stunden geht der Abend. Der letzte Zugabenblock endet noch einmal mit dem „Athen“-Solo. Größer geht es nicht.