Radio Havanna sind eine meiner liebsten Live-Bands. Für mich also eine glasklare Sache, dass ich in die Hauptstadt düse, wenn gleich zwei Konzerte an einem Wochenende stattfinden. Freitagabend gab es im Cassiopeia ein kleines privates Konzert für die “Brandstifter”, das Streetteam der Band, sowie ausgewählte Freunde und Pressevertreter. Die Vorfreude bei mir war schon groß, hatten sich doch eine Vielzahl an Freunden und tollen Menschen angekündigt.
Wie jedes Konzertwochenende begann ich mit einer ordentlichen Stärkung bei Mustafas Gemüsedöner in der Warschauer Straße den Abend. Die mitgereisten Kollegen aus Leipzig waren gleich begeistert von der besonderen Art kulinarischer Delikatesse und auch sichtlich überrascht, wie viel Betrieb in dieser Ecke Berlins herrscht. Pünktlich zum Einlass waren wir dann auch mit die ersten Gäste im Laden und konnten gleich einen Plausch mit der Band halten – Glückwünsche wurden ausgesprochen und auch das Begrüßungsbier, welches jeder Gast bekam, genossen. Kurz vor der Show verrät mir Sänger Fichte noch, dass er inbesondere auf den Title-Track des neuen Albums gespannt ist, denn bisher gab es immer noch Probleme, wenn sie das Stück live gespielt haben. Ob bei „Utopia“ alles gut lief?
Die kleine Bude füllte sich nun fix, die Show geht los. Während der Mercher noch im Hintergrund die kleinen Plastikbecherchen mit Berliner Luft füllt, läuft das bekannte Intro der Band. „Unnormal“ als Opener war eine gute Entscheidung. Noch vor dem ersten Refrain fangen die ersten Menschen zu tanzen an, beim dritten Lied „Piratenradio“ gibt es kein Halten mehr. Etwas später kommt nun der „Nervosität verursachende“ Track „Utopia“ über die Boxen – und mir fallen keine Fehler auf. Dies sollte sich dann aber am nächsten Tag ändern.
Bevor ich weiter über das Set erzähle, spulen wir einfach einen Tag vor, denn Radio Havanna spielten das gleiche Set zum 500. Konzert ebenfalls auf. Im Lido geht die Party also im großen Stil weiter. Ausverkaufter Club mit vielen Freunden und mächtig Berliner Punkprominenz sollten ebenfalls wieder für eine großartige Show sorgen. Dieses Mal nun mit zwei tollen Vorbands.
The Tips wurden kurz vor dem Konzert noch als Support angekündigt und spielten somit als Opener. Eine für mich sehr freudige Nachricht, hatte die Band ja den Sänger gewechselt. In jener Besetzung hatte ich sie bisher noch nicht begutachten können. Stefan machte seine Sache sehr ordentlich – auch Klassiker wie „Leaving Home“ kamen gut an, auch wenn ich mich noch an die neue Stimme gewöhnen muss.
Schon länger im Programm waren die Local Heros aus Kreuzberg: Vizediktator spielen einen interessanten Pop-Punk inklusive kratzbürstigem Gesang. Mit ihren Hits wie „Porta Romana“ oder „Staub & Drogen“ machten die drei Berliner richtig Dampf. Dass die Band sich auch politisch äußern kann, bewies sie mit ihrem Lied „Dessau“ - hier thematisieren Vizediktator den Mord an Oury Jalloh, der in der Haftzelle verbrannt ist. Nicht nur mit ihrer Musik sondern auch mit ihren Messages passt die Band somit sehr gut in den Abend.
Nach kurzer Umbaupause heißt es nun für Radio Havanna Show-Time! Das Lido ist nun wirklich proppevoll mit feierwütigen Menschen und schon nach den ersten Liedern ist absolute Eskalation angesagt. Bei „Utopia“ allerdings klappte zunächst nichts. Technische Probleme sorgten dafür, dass erst einmal ein Ersatzlied aufgespielt werden muss. „Früher oder Späti“ funktionierte jedoch sehr gut und dann klappte es auch mit dem aufwändigeren „Utopia“. Die Sampler spielen und die Lichtshow funktioniert – alles Top. „Dynamit“ sorgte dann auch wieder dafür, dass bis in die letzte Reihe ausgelassen getanzt und gefeiert wird.
Cover-Klassiker wie „Alles nur geklaut“ dürfen ebenfalls nicht fehlen. Als Schmankerl kommt dann beim Operation-Ivy-Cover „Knowledge“ Philipp von Smile and Burn auf die Bühne und trällert munter mit.
Mit ordentlich Konfetti und weiteren Klassikern geht der Abend zu Ende. „Flüstern, Rufen, Schreien“ sowie „Kaputt“ holen noch einmal das letzte aus der Meute heraus. Ein schönes Punk-Wochenende geht damit zu Ende und außer Wunden lecken und ausnüchtern bleibt mir nur noch, von den nächsten 500 Konzerten zu träumen. Beim 1000. Konzert bin ich definitiv am Start!