Nach langer Zeit ist es auch bei mir mal wieder soweit: Streamingkonzert! Auch wenn ich vom Angebot dieser Konzerte mittlerweile gefühlt erschlagen werde, lasse ich mich vergleichsweise selten und in der letzten Zeit gar nicht mehr darauf ein. Da muss dann schon wirklich viel zusammenkommen und Künstler*in sowie meine Zeit zusammenpassen. Wenn Thees Uhlmann aber zum allerersten Mal per Livestream durch das Internet geschaltet wird, kann ich einfach nicht nein sagen. Zu schöne Erinnerungen hängen an der „Songs & Stories-Tour“, welche pandemiegerecht im vergangenen Sommer durchgeführt werden konnte. Im Gegensatz zu dieser Tour soll heute Abend ein um einen Drummer erweitertes Quartett auf der Bühne stehen. Um 19:30 Uhr ist Einlass in den Club 100, beziehungsweise den bereitgestellten Livestream. Die Band tritt im „Pier 2“ in Bremen auf, wer dabei sein möchte muss die eigenen vier Wände jedoch nicht einmal verlassen. Da im Livestream zu dieser Zeit noch für die Folgeveranstaltungen in diesem Mai geworben wird, kann ich mich vorab noch um eine Kleinigkeit zum essen sowie ein kühles Pale Ale kümmern und sogar nebenbei noch den Bundesligaabstiegskampf zwischen Mainz und Hertha beobachten.
Mit wenigen Minuten Verspätung schreiten die Vier auf die Bühne, hängen sich Ihre Instrumente um oder setzen sich an Klavier oder Schlagzeug. Thees schaut grinsend in die Runde und die Band eröffnet standesgemäß mit „Fünf Jahre nicht gesungen“ ihr allererstes Streamingkonzert. Was ab dann passiert, ist kein bisschen verwunderlich und dennoch für jeden Fan ein frischer Aufstrich Balsam auf die geschundene Konzertseele. Die Songs stecken, wie im letzten Sommer, in einem ganz anderen Kleid als wenn Thees mit seiner großen Band auf der Bühne stehen würde. Wenn ein Titel gespielt ist, sich eine neue Gitarre gegriffen werden muss und etwas Zeit vergeht, lässt Thees Uhlmann sich wie immer nicht lumpen, mehr oder weniger sinnvolle Dinge zu erzählen. Ich für meinen Teil genieße das Ganze schmunzelnd und mit hochgelegten Füßen auf dem Sofa. Mittlerweile läuft die zweite Fußball-Bundesliga ohne Ton im Hintergrund mit, findet aber kaum Beachtung. Dazu später mehr.
Es ist einfach seine gesamte Art, die Thees Uhlmann immer wieder so unglaublich sympathisch macht. Hier eine Chronologie der Pausen zwischen den Songs, welche heute wie man es gewöhnt ist ebenfalls aus Tomte-Nummern sowie dem „Liebeslied“-Cover der Toten Hosen besteht: „Ohne Applaus heute – die ersten acht Jahre Tomte war das genauso.“. „Hier in Bremen sind die Handtücher aber flauschig!“. „Ich hab Haake-Beck-Socken an!“. „Wir küssen eure Rechner und hoffen dass wir uns bald alle wieder sehen.“. Dazwischen erzählt er davon, wie er mit Marcus Wiebusch (Kettcar) „FIFA“ spielt, ruft ständig während der Songs „GENIAL!“ in den Raum oder behauptet sein Drummer spiele „wie der neunte Arm des Oktopus“. Was für den unbeteiligten Leser jetzt zurecht absolut verwirrend klingen dürfte, zaubert allen die Thees bereits auf der Bühne erlebt haben ein breites Lächeln ins Gesicht. Da bin ich mir sicher.
Der einzige Wermutstropfen an diesem Abend ist seine mit weniger als 90 Minuten vergleichsweise kurze Länge. Nach einem Dank an alle Beteiligten und ohne das auf jedem "richtigen" Konzert zelebrierte Ding mit der Zugabe ist Schluss. Einfach so. Die Band ist weg und der Abspann läuft. Noch eine Viertelstunde Fußball übrig. Düsseldorf gegen Sandhausen. Ton wieder an. Ich bin vollkommen unbeteiligt. In der fünften Minute der Nachspielzeit trifft Fortuna Düsseldorf zum 3:2 gegen Karlsruhe und baut damit noch einmal ordentlich Druck auf den HSV im Aufstiegsrennen auf. Als hätte Thees Uhlmann als St. Pauli-Fan seine Finger im Spiel gehabt.