In die „Hochphase“ der Neuen Deutschen Welle fielen unsere ersten Klassenpartys in der fünften Klasse. Gut behütet von unserer Klassenlehrerin tanzten wir zu fragwürdigen Liedern. Ob es nun der „Sternenhimmel“ war oder Fräulein Menkes „Hohe Berge“, sogar Ixi wurde gespielt, nur dass der echte „Knutschfleck“ bei uns Jungs reines Wunschdenken war.
Richtig zu schätzen gelernt habe ich NDW erst, als ich mich mit den Ursprüngen auseinandergesetzt habe. Als Seitenlinie aus dem deutschen Punk entsprungen, waren die frühen, wegbereitenden Bands dem englischen New Wave viel näher als diesem „Ich will Spaß“-Getue. Das Aha-Erlebnis kam Ende der Achtziger mit dem DAF-Song „Der Mussolini“. Diese minimalistische Instrumentierung mit dem Einsatz von Synthesizern und Drum-Computer und einem provozierenden Text, der nicht nur zu Beginn der 80er Jahre für Empörung bei den bornierten Alten sorgte. Auch ich fühlte mich anfangs überfordert, aber verstand schnell, dass ich mit Provokation auch etwas anstoßen kann. Noch heute liebe ich es, mein Umfeld, gerade das berufliche, mit Provokationen herauszufordern, seien es meine Shirts oder die Musik, die mich in meinem Büro begleitet.
Erwähnen möchte ich an dieser Stelle aber auch Fehlfarben mit „Grauschleier“, wobei das ganze Album „Monarchie und Alltag“ ein Meisterwerk der wahren NDW ist. Aber Trio mit ihrem verstörenden „Da Da Da“ sind ebenso ein markanter Punkt der Neuen Deutschen Welle. Zu guter Letzt die Band Abwärts mit dem prophetischen Song „Computerstaat“. Das sind alles nicht die typischen NDW-Songs. Die Musik aber, die auf den ganzen Revival-80s-Partys als NDW gespielt wird, ist eh nur ein Vermarktungsprodukt der Musikindustrie. Für mich steht NDW in enger Verbindung mit New Wave, experimentell und textlich verklausuliert und provokant.